Was ist offenen Kinder- und Jugendarbeit?

Gesetzliche und fachliche Grundlagen unserer Arbeit

 

Das Jugendhaus Villa und der Kinderfreizeittreff Insel der Stadt Templin sind Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Land Brandenburg. Sie unterliegen denselben gesetzlichen und fachlichen Grundlagen wie alle vergleichbaren Angebote im Land – ergänzt durch lokale Besonderheiten, die auf die Bedürfnisse der jungen Menschen in Templin abgestimmt sind.

 

Gesetzliche Grundlagen

 

1. SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe
Im Fokus steht § 11 SGB VIII, der die Jugendarbeit regelt. Die Villa bietet jungen Menschen im Alter von 12 bis 27 Jahren freiwillige und bedarfsgerechte Angebote zur Förderung ihrer Entwicklung, Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Teilhabe.

Zentrale Aspekte:

  • Angebote knüpfen an die Interessen junger Menschen an, werden von ihnen mitgestaltet und stärken ihre Selbstverantwortung.

  • Inhaltlich umfasst das Angebot u. a.:

    • Außerschulische Bildung

    • Sport, Spiel und Geselligkeit

    • Kulturelle und politische Bildung

    • Internationale Jugendarbeit und Freizeiten

    • Medienpädagogische Projekte

    • Beteiligung und Selbstorganisation (z. B. Jugendbeirat, Kinder- und Jugendforum)

2. § 14 SGB VIII – Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz
Wir bieten Schutz und Aufklärung durch Projekte zu Themen wie Cybermobbing, Gewaltprävention und Medienkompetenz.

3. Brandenburgisches Ausführungsgesetz zum SGB VIII (BbgKJHG)
Dieses Gesetz ergänzt das Bundesrecht u. a. in Bezug auf Beteiligung, Bedarfsplanung und die Zusammenarbeit mit freien Trägern. Es ist Grundlage für die kommunale Jugendhilfeplanung in Templin und der Uckermark.

4. Kinder- und Jugendbeteiligungsgesetz Brandenburg (seit 2023)
Kinder und Jugendliche haben ein gesetzlich verankertes Recht auf Mitbestimmung, z. B. bei:

  • der Gestaltung von Räumen

  • der Planung von Projekten (z. B. Filmabende, Medienprojekte)

  • Entscheidungen zur Ausstattung und Programmausrichtung


Fachliche Prinzipien unserer Arbeit

Offene Kinder- und Jugendarbeit in der Villa und in der Insel folgt diesen Grundsätzen:

  • Niedrigschwellig & freiwillig: Kein Mitgliedszwang, kein Teilnahmezwang

  • Zielgruppen offen: Unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Sprache oder Leistung

  • Barrierefrei & inklusiv: Angebote sind für alle zugänglich

  • Partizipativ: Inhalte werden gemeinsam mit den Jugendlichen geplant und umgesetzt

Pädagogische Grundsätze:

  • Lebensweltorientierung: Unsere Angebote orientieren sich an den realen Interessen und Lebenslagen junger Menschen – z. B. Medien, Musik, Gaming, Tanz, Kochen

  • Beziehungsarbeit: Vertrauen und Kontinuität sind Grundlage der pädagogischen Begleitung

  • Empowerment & Selbstwirksamkeit: Jugendliche erleben, dass ihre Ideen zählen – z. B. durch Podcasts, eigene Veranstaltungen oder Projektgruppen

  • Soziale Integration & Diversität: Wir fördern interkulturelle Kompetenz, Geschlechtergerechtigkeit und demokratische Werte


Kommunale Verantwortung

Die Stadt Templin bzw. der Landkreis Uckermark ist als öffentlicher Träger der Jugendhilfe zuständig für:

  • die kommunale Jugendhilfeplanung

  • die Finanzierung der offenen Kinder- und Jugendarbeit

  • die Kooperation mit freien Trägern

  • die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Angebote


Rolle der Villa im Gesamtkonzept

Das Jugendhaus Villa versteht sich als:

  • Sozialer Treffpunkt für Jugendliche in Templin

  • Kreativer Möglichkeitsraum – mit Angeboten rund um Musik, Film, Tanz, Gaming, Kochen oder Partys

  • Ort non-formaler Bildung – mit Fokus auf Medienkompetenz, politischer Bildung, Selbstorganisation

  • Starker Netzwerkpartner, u. a. mit BKJB, Schulen, Polizei, MKC, MABB, JIM-Netzwerk, Jugendbeirat und weiteren Akteuren


Das Jugendhaus Villa und die Insel sind rechtlich und fachlich eingebunden in die Strukturen der öffentlichen Jugendhilfe. Gleichzeitig nutzen wir die vorhandenen Spielräume, um innovative, partizipative und inklusive Angebote für Kinder und Jugendliche in Templin zu gestalten. Grundlage unserer Arbeit ist ein ganzheitlicher Blick auf die Lebenswelten junger Menschen – mit viel Raum für Kreativität, Begegnung und Mitbestimmung.

Was bedeutet lebensweltorientierte Soziale Arbeit?

Lebensweltorientierte Soziale Arbeit fragt danach, wie Menschen ihren Alltag erleben – was sie bewegt, was sie herausfordert und was ihnen wichtig ist. Sie versucht, diesen Alltag aus der Sicht der Betroffenen zu verstehen, ohne vorschnell zu bewerten.

Dabei wird der Alltag einerseits als etwas Vorgegebenes betrachtet – geprägt durch gesellschaftliche Strukturen, Regeln und Erfahrungen. Andererseits ist er aber auch gestaltbar und veränderbar.

Das Ziel lebensweltorientierter Sozialer Arbeit ist es, Menschen darin zu stärken, ihren Alltag aktiv und selbstbestimmt zu gestalten – und dabei Hürden zu überwinden, neue Perspektiven zu entdecken und Schritte in Richtung eines gelingenderen, erfüllteren Lebens zu gehen.

Soziale Arbeit im Spannungsfeld: Das Dreifachmandat

Unsere pädagogische Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Anforderungen, individuellen Bedürfnissen und professionellen Standards – ein sogenanntes Dreifachmandat:

  1. Gesetzlicher Auftrag
    Die gesetzlichen Vorgaben (z. B. Schutzauftrag, Hilfeplanung) bilden den institutionellen Rahmen unserer Arbeit.

  2. Individueller Auftrag
    Die Anliegen, Wünsche und Lebenslagen der jungen Menschen sind zentraler Ausgangspunkt unserer sozialpädagogischen Angebote.

  3. Professioneller Auftrag
    Wir orientieren uns an ethischen Leitlinien der Sozialen Arbeit – insbesondere an den Prinzipien der Menschenrechte, sozialen Gerechtigkeit und kritischen Reflexion gesellschaftlicher Machtverhältnisse (vgl. Staub-Bernasconi).

Diese drei Dimensionen machen unsere Arbeit anspruchsvoll, aber auch bedeutungsvoll: Wir begleiten junge Menschen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben – rechtlich abgesichert, fachlich fundiert und mit Herz und Haltung.